„Wir sind nicht mehr wie früher – und das ist auch gut so“
- denisepannicke
- 10. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Nov.
Im Fokus – oder: Warum Veränderung in Beziehungen kein Zeichen von Stillstand ist
„Früher war alles anders.“
Dieser Satz klingt oft wie eine Mischung aus Feststellung und stiller Anklage. Er taucht gern auf, wenn Paare merken: Das Leichte, Selbstverständliche vom Anfang ist weg – und an seine Stelle sind Routinen, Absprachen und

eine andere Art von Nähe getreten.
Systemisch betrachtet ist das weder ein Defekt noch ein Verlust. Es ist Entwicklung.
Das Problem: Wir neigen dazu, das „Früher“ zu verklären. Wir erinnern uns an Herzklopfen, lange Gespräche bis in die Nacht, spontane Ausflüge – und blenden aus, dass wir damals auch Streit hatten. Nur halt mit besserer Frisur und ohne Familienkalender an der Wand.
Beziehungen sind dynamische Systeme – keine Fotografie
Aus systemischer Sicht ist eine Partnerschaft kein festes Konstrukt, das man „in gutem Zustand konservieren“ kann. Sie ist ein lebendiges System, das sich durch Erfahrungen, Rollen, äußere Einflüsse und innere Haltungen ständig neu organisiert.
Das bedeutet: Jedes „Früher“ war nicht nur schön, sondern auch geprägt von anderen Rahmenbedingungen – vielleicht weniger Verantwortung, mehr Zeit, anderen Lebenszielen. Jedes „Jetzt“ ist das Ergebnis gemeinsamer Anpassung, bewusster oder unbewusster Entscheidungen und der Wechselwirkungen zwischen beiden Partnern.
Es geht also nicht darum, den Zustand von damals zu reproduzieren, sondern zu verstehen: Was hält uns heute lebendig – und was braucht unser System, um sich weiterzuentwickeln?
Vom Feuerwerk zur Glut – und warum das kein Abstieg ist
In der ersten Phase einer Beziehung dominieren häufig Symbiose und intensive Resonanz: man spiegelt einander, sucht Bestätigung, will Verschmelzung. Mit der Zeit verschieben sich die Muster: Autonomie wird wichtiger, der Alltag strukturiert Nähe neu, und das Bedürfnis nach Sicherheit kann das nach Abenteuer überlagern.
Systemisch betrachtet passiert hier etwas Wertvolles: Das Paar lernt, zwischen Nähe und Distanz zu pendeln, sich gegenseitig Raum zu geben und trotzdem verbunden zu bleiben. Das ist nicht weniger „Liebe“ – es ist nur eine andere Qualität.
Systemische Einladung: Das Jetzt gestalten
Anstatt das „Früher“ als Messlatte zu nehmen, kann es hilfreich sein, gemeinsam zu fragen:– Welche Qualitäten unserer Beziehung sind uns heute wichtig?– Welche Ressourcen aus der Anfangszeit können wir in unser jetziges Leben integrieren?– Was wollen wir bewusst neu gestalten, weil es zu unserer aktuellen Lebensphase passt?
So wird die Beziehung nicht zum Museum, das vergangene Zustände bewahrt, sondern zu einem lebendigen Organismus, der sich anpasst und wächst.
BlickWechsel- Impuls für euch:
Stellt euch vor, eure Beziehung ist ein Garten.
Welche Pflanzen wollt ihr aus der Anfangszeit behalten (ja, auch den wilden Rosmarin)?
Welche sind inzwischen zur dornigen Distel mutiert – und dürfen raus?
Und welche neuen wollt ihr heute gemeinsam setzen?
Schreibt’s auf, vergleicht eure Listen – und freut euch über alles, was ihr beide gleich seht oder wo ihr euch ergänzt. (Oder lacht einfach über das, was ihr völlig unterschiedlich einordnet.)
Bis zum nächsten BlickWechsel-Moment!
Denise Pannicke



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